Die kleinen Plapperkisten sind im Mainstream angekommen. Early Adopter fangen an, die Geräte auch ihren Eltern zu schenken. Damit ist das Thema plötzlich auf den Titelseiten der großen Zeitungen. Zeit für eine kleine Reflektion!
Hier sind vier Thesen zum Stand von Alexa und Co.:
1. Virtuelle Assistenten brauchen keine Smart Speaker
Wir müssen gedanklich zwischen Alexa und Echo trennen. Ich mag deshalb den Begriff des Smart Speakers, der sich vom Virtual Assistant abgrenzt: Echo, Google Home und Apple Home sind die Hardware. Kleine Plastikkisten, die mit Mikros vollgestopft sind. Darauf laufen dann entweder Alexa, der namenlose Google-Assistent, oder Siri. Einen universellen Smart Speaker gibt es noch nicht und wird es auf absehbare Zeit nicht geben.
Allerdings lässt sich Echo z.B. auch über einen Sonos-Lautsprecher, der Google-Assistent über den Stadia-Controller und Siri im Auto mit Carplay verwenden.
Wer einen virtuellen Assistenten als Voice User Interface (VUI) benutzen möchte, braucht dazu in Zukunft also immer seltener einen Smart Speaker.
2. Virtuelle Assistenten sind keine Assistenten
Quasi jede Studie zum Thema Smart Speaker der letzten Jahre hat gezeigt: Mit einer generellen künstlichen Intelligenz haben diese Geräte nichts zu tun.
Wir nutzen sie für Tätigkeiten, die wir menschlichen Assistenten in unserem Kulturkreis sicher nicht zumuten würden. „Mach Musik an“, „stell einen Timer auf fünf Minuten“, „schalt das Licht im Wohnzimmer an“.
Und das hat einen Grund: Während die Sprach-Erkennung in den letzten Jahren verdammt gut geworden ist, ist die Sinn-Erkennung des Gesprochenen noch in den Kinderschuhen:
„Alexa, schalte alle Lampen aus!“ – „Tut mir Leid, ich kann kein Gerät mit dem Namen alle Lampen finden.“
Danke für nichts, Alexa.
3. Wir reden nicht mit, sondern zu ihnen
Entsprechend reden wir mit unseren Assistenten auch noch so, wie die Familie Malfoy mit ihren Hauselfen redet. Wir wollen kein Gespräch, sondern Befehle geben.
Deshalb haben Google und Amazon ihren Geräten „Kurzmodi“ per Patch nachgeliefert. Anstatt mit ganzen Sätzen die Befehle des Users zu bestätigen, geben diese dann nur noch ein kurzes Piepsen oder ein einsilbiges „okay“ von sich.
4. Ökosysteme und Daten machen Sieger
Auch bei den Sprachassistenten zeigt sich wieder die Macht der geschlossenen Ökosysteme und der Daten.
Die Entscheidung, ob ich einen Chromecast, Apple TV oder Fire Stick zuhause habe, wird wesentlich beeinflussen, von welchem Anbieter ich meinen Smart Speaker kaufe. Und ob ein Virtueller Assistent mir helfen kann, hängt maßgeblich davon ab, wie viel Daten er über mich und über die Welt hat.
Auch, wenn Echo immer noch Marktführer ist, bleibe ich bei meiner Prognose von 2017: Langfristig wird Amazon es schwer haben, gegen Google und Apple zu bestehen. Denn Amazon weiß zwar wunderbar viel über meine Hobbies und Interessen. Sie wissen aber nicht, wann bei mir heute die S-Bahn fährt, oder was ich morgen im Kalender stehen habe.
5. Beim Datenschutz nichts Neues
Wer die Funktionsweise der Smart Speaker und Virtuellen Assistenten versteht, wird über genau Nichts überrascht sein, was es zum Thema Datenschutz zu lesen gab.
Ja, die Speaker zeichnen Audiodateien auf. Ja, sie funken die Daten zur Analyse nach Hause. Ja, damit können sie ihre Profile über den User verbessern. Und ja, natürlich optimieren die Anbieter ihre Spracherkennung, indem sie bei einem geringen Teil der Dateien Menschen zuhören lassen.
Und da die Schwelle für die Erkennung der Schlüsselwörter ziemlich gering gesetzt ist, geht da auch mal ein nicht absichtlich diktiertes Audiofile an die Hersteller. Ich möchte das hier gar nicht bewerten. Ich wundere mich nur etwas über den überraschten Tonfall mancher Journalisten, die wohl schon einen Toaster für ein komplexes technisches Gerät halten.
Ähnlich unaufgeregt bin ich auch bei der Kritik, man würde sich mit Smart Speakern eine „Wanze“ ins Haus holen. Natürlich stimmt das. Und ich möchte es hier auch nicht schönreden. Allerdings sollte man bei dieser Kritik auch bedenken, dass der durchschnittliche Nutzer schon mindestens eine Wanze zuhause liegen hat – sein Smartphone. Das nimmt er nicht nur mit ins Schlafzimmer, sondern trägt es auch außerhalb des Hauses stets mit sich rum. Und installiert darauf dubiose Taschenlampen-Apps aus Russland.
Übrigens, auch das durchschnittliche Smartphone-Mikro ist gut. Es war 2004 schon so gut, dass man damit die Verschlüsselung eines Computers anhand der Prozessor-Geräusche knacken kann.
Fazit
Datenschutz wird das Wachstum der Geräte also nur in dem Paralleluniversum bremsen, in dem wir heute alle StudiVZ benutzen. Stattdessen werden Sprachsteuerung und die langsam klüger werdenden Assistenten immer mehr das getippte Wort oder den haptischen Klick ablösen.
Wir werden dafür in Zukunft nur weniger Smart Speaker brauchen, weil mehr Geräte zuhören können.